Kritische Sicht auf „Traditionelle Ernährung nach Weston Price“

Die Forschungen von Weston A. Price über Gesundheit durch Traditionelle Ernährung wurden in den vergangenen Jahren wiederentdeckt. Es hat sich sogar eine regelrechte Bewegung mit neuen Ernährungslehren und zahlreichen Büchern entwickelt. Ich sehe viele der verbreiteten Empfehlungen aus historischer und gesundheitlicher Sicht kritisch. In diesem Artikel nenne ich meine Gründe dafür und gebe eine agrargeographische Analyse zu den verschiedenen Interpretationen.

Was Weston Price nach seiner Weltreise empfahl

Der Zahnarzt Weston A. Price reiste Anfang des 20. Jahrhunderts durch die Welt und untersuchte isolierte, für ihre ausgezeichnete Gesundheit bekannte Volksgruppen auf ihr Zahngesundheit sowie Ernährungsform. Was er dabei herausfand, darüber habe ich in diesem Beitrag geschrieben. Kurz gesagt beoachtete er, dass abgeschieden und ursprünglich lebende Menschen kaum Zahnprobleme hatten. Sobald sie aber mit der „Zivilisation“ und deren industrialisierter Nahrung in Kontakt kamen, traten bei denselben Völkern Karies, Zahnfehlstellungen, Tuberkolose und andere Krankheiten auf.

Eine Haupterkenntnis Prices zur Ernährung der Urvölker war, dass es die Naturbelassenheit ihrer Ernährung war, die sie vor Krankheiten verschonte. Er beobachtete, dass Völker mit den unterschiedlichsten Gewohnheiten alle gesund waren. Ob sie sich nun auf Basis von pflanzlichen oder tierischen Produkten ernährten, mit oder ohne Getreide. Wobei entgegen seiner ursprünglichen Erwartung kein einziges Volk vegetarisch oder gar vegan lebte. Allerdings waren diejenigen Völker mit wenig tierischem Protein weniger gesund, als solche die Tiere hielten, jagten oder fischten. Erst mit der Einführung von Weißmehl, Zucker und Dosenprodukten verschlechterte sich die Gesundheit aller bereister Völker.

Zurück von der Weltreise passte Price seine Beobachtungen an die heimische Ernährung an. Er empfahl den Protein-Bedarf täglich durch ein Ei oder ein ebenso großes Stück Fleisch zu decken und frische Vollmilch zu trinken. Er riet, Lebertran einzunehmen und Vollkornbrot aus frisch gemahlenem Getreide zu essen. Zudem betonte er die Wichtigkeit der Ganztierverwertung, da Innereien, Knochenmark und Fischgräten mit am nährstoffreichsten sind. Doch war er weit davon entfernt, eine Ernährung mit hohem Proteingehalt zu empfehlen: „Es spricht nichts dagegen, Kinder mit [kohlenhydratreichen] Lebensmitteln wie Kartoffeln und Gemüse zu sättigen, wenn zudem der tägliche Mineralstoff- und Vitaminbedarf gedeckt ist.“

Die Fotoaufnahmen und Erkenntnisse von Weston Price sind so beeindruckend, dass sich daraus eine neue Ernährungslehre gebildet hat – oder besser gesagt mehrere Ernährungslehren?

Vegetarisch, carnivore oder low-carb – Die wildesten Interpretationen von Weston Price

Weston Prices 1939 erschienenes Buch „Nutrition and Physical Degeneration“ hat sich in allen Hinsichten zu einer Art Bibel entwickelt. Ebenso wie bei der Bibel gibt es zahlreiche Interpretationen des Buches sowie Fälle, in denen sich jemand eine Aussage rauspickt und daraus Verallgemeinerungen zieht. Autoren versuchen zudem gerne, ihre scheinbar einzig richtige Ernährungsform mit einer Ur-Ernährung zu belegen. Früher missinterpretierte man dafür die Hunza als angeblich vegetarisches Urvolk – gegenwärtig schmückt man sich lieber mit Weston Price.

Im Artikel „The true Price“ hat die amerikanische Weston A. Price Foundation (WAPF) fünf solcher Bücher zusammengestellt. In diesen werden die Forschungen von Weston Price als Beleg dafür genutzt, dass eine vegetarische oder fettarme Ernährung die gesündeste sei. Dabei trifft das Gegenteil zu – Weston Price betont aufgrund seiner Beobachtungen die Wichtigkeit von tierischen Produkten und Fetten.

Doch gibt es auch Interpretationen in die entgegengesetzte Richtung. Die Zahnärzte Dr. Steven Lin oder Dr. Dominik Nischwitz beziehen sich in ihren Büchern ebenfalls auf die Forschungen von Weston Price. Dennoch empfehlen sie gleichzeitig eine moderne Low-Carb-Ernährung mit hohem Proteingehalt. Man solle auf Kohlenhydrate und insbesondere Getreide verzichten, indem man beispielsweise statt Reis geraspelten Blumenkohl nutzt oder ein mehlfreies Brot aus Nüssen und Samen bäckt. Damit bewerben die beiden eine gehypte Mode-Diät, die alles andere als traditionell ist.

Die amerikanischen Trendautoren Sally Fallon, Ramiel Nagel und Catherine Shanahan bestimmen gegenwärtig die Szene um die Traditionelle Ernährung, auch in Deutschland. In ihren Büchern kommt es so rüber, als ob ausnahmslos alle gesunden Urvölker tagtäglich Unmengen tierischer Produkte aßen und sie wild miteinander kombinierten. Insbesondere Nagel und Shahanan haben eher eine neue protein-basierte „Heildiät“ erfunden – nicht vergleichbar mit ursprünglicher Ernährung.

Da diese Interpretationen von Weston Price die aktuell bekanntesten sind, werde ich im Folgenden näher auf die Bücher von Sally Fallon und Ramiel Nagel eingehen.

Wie traditionell ist Sally Fallons „Vermächtnis unserer Ernährung“ wirklich?

Den wohl größten Einfluss auf das Bild der Traditionellen Ernährung als Gesundheitslehre hat die amerikanische Weston A. Price Foundation (WAPF) und die Autorin Sally Fallon, die Mitbegründerin dieser Stiftung ist. In ihrem Bestseller „Das Vermächtnis unserer Nahrung“ (Originaltitel: „Nourishing Traditions“) greift sie die Erkenntnisse von Weston Price auf. Zahlreiche Zitate zum Thema Essen aus klassischer Literatur sowie aus wissenschaftlichen Veröffentlichungen informieren auf interessante Weise über Traditionelle Ernährung. Sie spricht sich klar gegen eine „politisch korrekte“ fettarme oder vegane Ernährung aus. Dementsprechend sind die Rezepte sehr reichhaltig – kaum ein Gericht kommt ohne tierische Produkte aus. Gefühlt tut sie überall großzügig Butter, Sahne und Knochenbrühe rein.

Scheinbar hat Sally Fallon viele authetische Rezepte aus verschiedenen Kulturen ausgegraben. Es wird fermentiert, gekeimt, Brühen gekocht und Sauerteig angesetzt – die Basics der Traditionellen Ernährung werden anschaulich vermittelt. Ein zweiter Blick zeigt jedoch, dass viele der Rezepte alles andere als authentisch sind. Ein Beispiel, bei dem ich das gut beurteilen kann, ist der „Russische Buchweizenbrei“. Mit gekeimtem Buchweizen, Eiern, Butter und Hühnerbrühe wird daraus ein komplett neues Gericht, wie es im Herkunftsland unbekannt ist. Dort wird Buchweizen normalerweise geröstet (nicht gekeimt), und dann entweder als Beilage mit Butter gemischt, oder mit einer schlichten Fleischzubereitung serviert. Oder als selbstständiges Gericht in Milch gekocht. Bei den oben erwähnten Literatur-Zitaten fällt zudem auf, dass vor allem solche abgedruckt wurden, die die Annahmen der Autorin bestätigen. Insgesamt bekommt der unwissende Leser so ein falsches historisches Bild vermittelt.

Doch schlecht reden möchte ich das Buch nicht, denn es vermittelt detailiertes Hintergundwissen, belegt durch wissenschaftliche Quellen. Die Grundlagen vieler fast vergessener Zubereitungsmethoden sind wertvoll für diejenigen, die erstmals mit dem Thema in Berührung kommen. Aber schauen wir uns noch ein anderes „Standardwerk“ der amerikanischen Bewegung an, bevor wir zur Analyse aus agrargeographischer Sicht und zum Abgleich mit Weston Price kommen.

Ramiel Nagels „Karies heilen“ als Bibel der Community

Ramiel Nagels Buch „Karies heilen“ (Originaltitel: „Cure tooth decay“) interpretiert die Lehren Weston Prices und erfreut sich in der deutschsprachigen Bewegung großer Beliebtheit. Er empfiehlt, hauptsächlich tierische Produkte zu essen – insbesondere Innereien, 24 – 48 Stunden gekochte Knochenbrühen und Rohmilch. Diese werden im Rezeptteil aufgrund ihres hohen Nährstoffgehalts so viel wie möglich in die Gerichte integriert. Gemüse wird vor allem fermentiert zubereitet (also wie Sauerkraut mit probiotischen Bakterien). Kohlenhydrate wie Getreide oder Pseudogetreide sind nach Möglichkeit zu vermeiden. Und wenn doch, dann ebenfalls nur fermentiert oder gesäuert, damit keine Antinährstoffe mehr vorhanden sind. Eine Ausnahme ist weißer Reis. Das Wundermittel schlechthin ist laut Buch fermentierter Lebertran der Marke Green Pasture.

Beispiel für ein zahnstärkendes Tagesmenü aus „Karies heilen“ (S.112 der englischen Ausgabe):
Frühstück: Kürbissuppe auf Basis von Knochenbrühe mit Kokosmilch. Einnahme von fermentiertem Lebertran mit Butteröl.
Mittagessen: Hamburger mit karamellisierter Zwiebel und Pilzen. Fermentierter Ketchup, fermentiertes Gemüse, Sauerkraut und Senf. Salatblätter statt Brötchen. Rohe oder gekochte Leber dazureichen. Burger-Patty in Talg oder Nierenfett gekocht.
Nachmittagsimbiss: Rohmilch-Quark mit rohen Eigelben und Honig, dazu Obst.
Abendessen: Fleischbällchen mit hausgemachter Tomatensauce aus Tomatenmark und Rinderbrühe. Dazu Kürbis. Mit viel Käse garnieren. Leber und Zwieben dazureichen. Einnahme von fermentiertem Lebertran mit Butteröl.“

Viele Widersprüche zu Weston Price

Bereits ein kurzer Vergleich mit den oben beschriebenen Empfehlungen Weston Prices zeigt, dass Ramiel Nagel sich ein paar Aussagen herausgepickt und zu einem Extrem gesteigert hat, während er andere ignoriert oder verneint. Wer irgendwann neugierig geworden im Internet weitere Informationen über den Autor sucht, wird übrigens herausfinden, dass Ramiel Nagel 2017 im Alter von nur 37 Jahren an einem Hirntumor verstarb.

Der Autor behauptet übrigens gar nicht, eine Ernährung rein nach Weston Price entwickelt zu haben. In der Kurzbeschreibung seines Buches heißt es: „In diesem Buch zeigt Ramiel Nagel anhand wissenschaftlicher Arbeiten von Dr. Weston A. Price, Dr. Ralph Steinmann, Dr. Edward Mellanby, Dr. May Mellanby und vielen anderen Forschern auf, dass ein gesunder Zahn nur eines braucht: eine wirklich gesunde Ernährung.“ Das Internet zeigt jedoch, dass zumindest im deutschsprachigen Raum „Traditionelle Ernährung nach Weston Price“ meist fälschlicherweise nach Ramiel Nagels Buch umgesetzt wird. Deshalb möchte ich im Folgenden die wichtigsten Widersprüche zwischen den beiden Büchern aufzeigen.

Angst vor Vollkorn – dabei sagte Weston Price das Gegenteil

In einem Großteil der Community um „Traditionelle Ernährung“ herrscht durch Ramiel Nagels Buch eine regelrechte Angst vor Vollkornmehl. Dabei warnt Weston Price konstant vor Weißmehl und empfiehlt aufgrund seiner Beobachtungen sogar ausdrücklich, zur Behandlung und Vorbeugung von Karies Brot aus frisch gemahlenem Getreide zu backen (darüber schrieb ich hier). Zu Antinährstoffen hat Price selbst übrigens kaum etwas geschrieben – er hat vor allem auf die Nährstoffe geschaut.

Forschungen zu Antinährstoffen betrieb im vergangenen Jahrhundert das Forscherpaar Mellanby – sie waren es, die erstmals eine Verbindung zwischen Karies und der Phytinsäure im Getreide sahen. Sie waren ganz normale Ernährungswissenschaftler, die sich nicht mit traditioneller Ernährung oder Urvölkern beschäftigten. Wie oben erwähnt, bezieht sich Ramiel Nagel in seinem Buch viel auf sie. Die übertriebene Angst vor Antinährstoffen in Vollkornmehl hat also meiner Meinung nach nichts in einer „Traditionellen Ernährung nach Weston Price“ zu suchen. Womit ich nicht die Forschungen der Mellanbys kritisiere – auch sie verdienen Beachtung, aber eben nicht an dieser Stelle.

Auch Vollkornreis ist laut Ramiel Nagel ungesund, weißer Reis ist zu bevorzugen. Allerdings ist weißer Reis, ebenso wie Weißmehl ein Industrieprodukt, welches mit traditionellen Methoden nicht in einer solchen Form hergestellt werden kann. Und genau solche industriell veränderten Produkte sind es, vor denen Weston Price immer warnte. Wie ich in diesem Artikel beschrieben habe, kam es durch die Einführung von weißem Reis in Asien sogar zu zahlreichen Todesfällen durch Vitaminmangel. Was zeigt, dass der Nährstoffgehalt in Vollkornreis bzw. in nur auf traditionelle Weise leicht poliertem Reise immer noch den Gehalt an Antinährstoffen übertrifft. Dank Ramiel Nagel wird im Internet oft Milchreis aus weißem Reis als „traditionelles Kinderfrühstück nach Weston Price“ empfohlen. Wie weit entfernt dies von der Wahrheit liegt, sollte an dieser Stelle klar sein. (Informationen zur Zubereitung von Reis siehe hier.)

Haferflocken-Panik

An Haferflocken hat Ramiel Nagel ebenfalls nichts Gutes auszusetzen. Sie werden als eine Hauptursache für Karies gesehen und in der Weston-Price-Community streng gemieden. Dass die von Weston Price besuchten Schotten trotz Hafer als Grundnahrungsmittel so gesund waren, soll unter anderem daran liegen, dass sie zusätzlich viele nährstoffreiche tierische Produkte aßen. Ramiel Nagel behauptet außerdem, dass der Hafer nach der Ernte erst keimte (mehr dazu hier) und dann nur fermentiert zubereitet wurde.

In Weston Prices Buch wird übrigens keine Fermentation erwähnt – es heißt nur, dass sowohl Haferbrei als auch Haferkuchen (eine Art Brot?) gegessen wurde. Meiner Erfahrung in Historischer Nahrungsforschung nach wurde der Kuchen wohl aus fermentiertem Teig zubereitet, nicht aber der Brei. Vielleicht zerkleinerte man den Hafer dafür vor dem Kochen frisch mit primitiven Handmühlen, wie Weston Price sie bei seiner Reise vorfand.

Dass Haferflocken schädlich, seien stammt erneut aus Forschungen der Mellanbys und hat keinen Bezug zur Ernährung von Urvölkern. Weston Price selbst schrieb nie auch nur ein schlechtes Wort über Hafer. Im Gegenteil: Er beschreibt einen sehr kranken Jungen mit Karies, den er heilte, indem er ihm neben Lebertran auch Breie aus frisch geschrotetem Weizen oder Hafer, Vollmilch und Weidebutter verordnete. Übrigens aßen auch die gesunden Schweizer Bergbauern Hafer, von denen Dr. Bircher-Benner den Frischkorn-Brei abgeschaut und damit viele Beschwerden geheilt haben soll.

Es stimmt, dass ungekochte, industrielle Haferflocken mit H-Milch oder Pflanzenmilch, wie man sie hier gerne zum Frühstück isst, nicht besonders nährstoffreich und schwer verdaulich sind. Wie anderes Getreide auch sollte Hafer lieber gekocht, geröstet oder gekeimt gegessen werden. Ich esse ihn am liebsten als Musmehl – eine traditionelle Alternative zu Haferflocken. Zusammengefasst hat Hafer aus Sicht von Weston Price sowie vieler Studien einen hohen gesundheitlichen Wert und muss nicht gemieden werden. Hafer ist zudem regional und ökologisch wertvoll, denn er wächst auch auf schlechten Böden.

Langgekochte Knochenbrühe – ein eher modernes Gericht?

Tatsächlich beobachtete Weston Price, dass die gesunden Ur-Völker Knochenmark als nährstoffreiches Lebensmittel aßen. Daraus eine Brühe zu kochen war seine eigene, an die europäische Tradition angepasste Umsetzung davon. Eine Kochzeit nennt er nicht.

Aus historischer Sicht ist es sehr unwahrscheinlich, dass die Urvölker das ganze Jahr über 24-48 Stunden gekochte Knochenbrühen aßen, wie dies Ramiel Nagel und Sally Fallon empfehlen. Lang gekochte Knochenbrühe gab es früher wohl vor allem nach dem Schlachten im Winter, wenn der Ofen sowieso zum Heizen brannte. Wenn es sie mal zu anderen Jahreszeiten gab, dann wurden sie vermutlich, wie ich es aus der Ukraine kenne, nur wenige Stunden gekocht. Denn Brennmaterial war oft zu kostbar für übertrieben lange Kochzeiten und wurde zum Heizen für den Winter gespart.

Übrigens hatten viele Urvölker kein feuerfestes Geschirr, sondern kochten in Holzgefäßen oder Fellen – darüber habe ich hier geschrieben. Bei solchen Kulturen war es zudem üblich, Knochen als Brennmaterial zu nutzen. Es ist also sehr unwahrscheinlich, dass zu Urzeiten und bei primitiv lebenden Urvölkern langgekochte Knochenbrühe gegessen wurde. Sie ist definitiv kein Paleo-Gericht und sollte aufgrund ihres hohen Histamingehalts auch nicht permanent gegessen werden.

Keineswegs will ich Knochenbrühe schlecht reden – sie ist tatsächlich ein sehr nährstoffreiches und heutzutage viel zu wenig beachtetes Gericht. Doch sehe ich die Empfehlung, jede einzelne Mahlzeit mit langgekochter Knochenbrühe zu bereichern sehr kritisch. Aus der Ukraine kenne ich zudem nur Suppen oder Sülzen auf Basis von Knochenbrühe. Aber auch noch im Kartoffelbrei oder gar im Kaffee, wie inzwischen bei vielen Bloggern zu beobachten, ist vielleicht ein wenig zu viel des Guten.

Zu viel Histamin ist nicht gesund

Die amerikanischen Interpretationen zu Traditioneller Ernährung wie die von Sally Fallon und insbesondere Ramiel Nagel fokusieren stark auf histaminhaltige Lebensmittel – ob fermentiertes Gemüse, Sauerteig, Käse oder mehr als 24-Stunden gekochte Knochenbrühe.

Histamin ist ein in bestimmten Nahrungsmitteln enthaltenes Gewebshormon, welches verschiedene Funktionen im Körper erfüllt. Es kann jedoch auch zu Allergien und anderen Beschwerden beitragen. Wenn heute in Weston-Price-Communities ein solches Übermaß an histaminhaltigen Nahrungsmitteln empfohlen wird, halte ich das für eine falsche Interpretation und auf lange Sicht nicht für gesund. Symptome für Histaminintoleranz wie Hautausschlag, Magenkrämpfe, Durchfall oder Übelkeit können die Folge sein. In diesem Fall rät sogar die Weston Price Foundation auf ihrer Webseite dazu, Fermentiertes eine Zeit lang zu vermeiden.

Aus agrargeographischer Sicht fermentierte man Gemüse nur zur Haltbarmachung und aß es ansonsten bevorzugt frisch. Die Analyse traditioneller Gerichte zeigt bei Getreideprodukten, dass zwar schon überwiegend Sauerteig- und Hefeprodukte zubereitet wurden. Dennoch waren auch bei gesunden Völkern ungesäuerte Getreideprodukte wie geröstete Körner, Nudeln, Breie oder Fladenbrote durchaus beliebt. Vielleicht haben diese, ebenso wie unfermentiertes Gemüse (Rohkost) oder unfermentierter Käse (Quark), ihre ganz eigenen gesundheitlichen Vorteile. In diesem Beitrag bin ich kurz auf das Thema Getreide fermentiert vs. unfermentiert eingegangen.

Kann fermentierter Lebertran Krebs verursachen?

Lebertran ist als natürlicher Vitamin-D-Lieferant tatsächlich für die Bewohner nördlicher Breitengrade ein wertvolles Nahrungsergänzungsmittel. Vor allem heutzutage, wo die meisten Menschen im Winter daheim in gemütlichen hellen Räumen sitzen und nicht genug Tageslicht abbekommen. Lebertran war eine von Weston Prices wichtigsten Empfehlungen gegen Karies. Das Ausmaß, in dem Lebertran in der Bewegung um Traditionelle Ernährung empfohlen wird, halte ich jedoch für kritisch.

Besonders gelobt und durch Ramiel Nagel beworben wird fermentierter Lebertran, den das amerikanische Unternehmen Green Pasture angeblich nach traditioneller Methode herstellt. Doch kann man Öl überhaupt fermentieren, oder wird es dadurch einfach nur ranzig und durch die Oxidation sogar leicht giftig? Hat man traditionell nicht frischen Lebertran bevorzugt, und die Lebern nur, wenn wirklich notwendig zur Haltbarmachung fermentiert? Hat man ihn wirklich das ganze Jahr über in rauen Mengen eingenommen, wie Ramiel Nagel es empfiehlt?

Interessanterweise haben verhältnismäßig viele Mitglieder der amerikanischen Weston-Price-Foundation (WPF) und feste Vertreter von fermentiertem Lebertran Krebs bekommen und sind daran (?) gestorben – unter anderem, wie bereits erwähnt, Ramiel Nagel. Dies hat eine Debatte in der WPF selbst ausgelöst und viele Mitglieder distanzieren sich nun von fermentiertem Lebertran. Insbesondere Dr. Kaayla T. Daniel und David Gumpert hinterfragen den gesundheitlichen Wert dieses Lebertrans.

Es gibt übrigens weiterhin genug Meinungen, die diesen fermentierten Lebertran befürworten. Sally Fallon ihre Argumente dafür hier ausführlich belegt. Jeder muss für sich selbst entscheiden, wie er das Thema handhabt – aber ich finde es dafür wichtig, über die Debatte informiert zu sein.

Was bei der Interpretation von Weston Price oft vergessen wird

Die folgenden fünf Punkte werden nur kurz angerissen, um nicht den Rahmen dieses Beitrags zu sprengen. Es handelt sich dabei vor allem um eigene Beobachtungen, Vermutungen und offene Fragen, die ich zu gegebener Zeit ausführlich recherchieren und in neue Beiträge packen möchte.

Saisonalität von Milch und Fleisch

Die Saisonalität von Lebensmitteln, auf die viele Menschen bei Gemüse achten, gibt es auch bei tierischen Produkten. Milch war früher saisonal und wurde nicht das ganze Jahr über in rauen Mengen verzehrt. Die Mongolen beispielsweise nutzten sie im Frühling und Sommer, während der Rest des Jahres von Fleisch dominiert war. Auch in Europa gab es Fleisch eher im Winter. Man schlachtete im Herbst, um nicht so viele Tiere über den Winter bringen zu müssen. Bei kalten Temperaturen ließ sich das Fleisch zudem besser lagern.
Hatte eine solche Saisonalität vielleicht sogar einen gesundheitlichen Wert? Konnten dadurch Nährstoffe möglicherweise besser aufgenommen werden? Beispielsweise, wenn das Calcium aus der Milch nicht die Aufnahme vom Eisen aus dem Fleisch blockierte? Oder wirkt Milch, wie es die Traditionelle Chinesische Medizin behauptet, kühlend auf den Organismus und kann im Winter von Nachteil sein?

Milch ursprünglicher und moderner Rassen

Auch ist zwischen A1 und A2 Milch zu unterscheiden. Urvölker tranken leichter verdauliche A2-Milch alter Kuhrassen sowie von Schafen, Ziegen oder Yaks. In der modernen Welt kommt jedoch sogar die Bio-Milch meist von hochgezüchteten Kuhrassen und zählt zum schwerer verdaulichen A1-Typ. Dieser wird mit Krankheiten wie Diabetes, Herzerkrankungen, Autismus und Schizophrenie in Verbindung gebracht. Dafür gibt es einerseits noch nicht genug wissenschaftliche Belege. Andererseits wurden viele der Studien, die den gesundheitlichen Nachteil von A1-Milch widerlegen, von der Milchindustrie finanziert. Dadurch ist eine Beeinflussung der Studienergebnisse nicht ganz auszuschließen. Eine „Traditionelle Ernährung nach Weston Price“ sollte bei hohem Milchkonsum sicherheitshalber darauf achten, A2-Milch zu nutzen.

Fastenzeiten

Weston Price, der ja nur als Besucher für einen kurzen Zeitraum die isolierten Völker besuchte, schriebt tatsächlich nichts davon. Meinen Recherchen nach gab es jedoch in fast allen Kulturen zu verschiedenen Jahreszeiten Fastenzeiten. In diesen wurden bestimmte Lebensmittel gemieden oder kurweise gegessen. Manchmal war der gesundheitliche Aspekt der Entgiftung bekannt, manchmal gab es lediglich eine religiöse Begründung. Oft spielte die ökologische Verfügbarkeit eine Rolle. Damit ist gemeint, dass jagende Völker beispielsweise das Fleisch eines bestimmten Tieres mieden, damit es sich in Ruhe vermehren konnte. Fasten kann jedoch auch bedeuten, dass nur einmal am Tag gegessen wurde, oder, dass Lebensmittel saisonal und somit nicht ganzjährig verfügbar waren. Die hier genannten Trend-Autoren gehen auf den Aspekt des Fastens gar nicht ein und empfehlen ihre reichhaltige Ernährung das ganze Jahr über.

Nahrungsmittelkombinationen

Wer in traditionellen Kulturen gelebt hat, dem fällt auf, dass die Gerichte oft sehr schlicht sind. In Indien beobachtete ich zudem, dass in einer strengen Reihenfolge gegessen wurde. Erst gab es Reis mit Curry (=Gemüse), dann Reis mit Linsen und im letzten Gang Reis mit Joghurt. Dies ist clever, da sich in der Verdauung bestimmte Nährstoffe gegenseitig blockieren können. Beispielsweise könnte das Calcium aus dem Joghurt das Eisen aus den Linsen blockieren. Vielleicht sorgt diese strenge Nahrungsmittelkombination unbewusst dafür, dass die überwiegend vegetarisch lebenden Inder mit ihrer Nahrung dennoch alle notwendigen Nährstoffe erhalten? Hat die Ernährungswissenschaftlerin Rujuta Diwekar Recht wenn sie sagt, dass wahllose Kombinationen nährstoffreicher Zutaten die Verdauung schwächen und letztendlich die Nährstoffaufnahme verringern?

Reichhaltigkeit

In den vielen historischen Quellen die ich ausgewertet habe fällt auf, dass man nie das ganze Jahr über so reichhaltig aß, wie Sally Fallon es beschreibt. Komplizierte Gerichte mit vielen Zutaten gab es normalerweise an Festtagen und nicht das ganze Jahr über. Wer hingegen das ganze Jahr über reichhaltig aß, zusätzlich zu Bewegungsmangel, waren der Adel und die Könige. Laut vieler Quellen erfreuten sie sich folgedessen keiner so ausgezeichneten Gesundheit wie die bäuerliche Schicht. Die österreichische Fürstenfamilie Habsburger beispielsweise lit noch zu vorindustrieller Zeit unter zahlreichen Krankheiten. Die Portraits der Familie zeigen zudem alle Warnzeichen, die Weston Price bei durch moderne Ernährung kranken Personen feststellte.

Abschließend zu „Was bei der Interpretation von Weston Price oft vergessen wird“ möchte ich noch kurz darauf hinweisen, dass ich keineswegs für eine strikte Trennkost oder asketisch fade Gerichte im Namen der Schlichtheit bin. Auch bin ich nicht gegen jegliche Kombination tierischer Lebensmittel. Hat beispielsweise das in Zentralasien traditionell zu manchen Fleischgerichten gereichte probiotische Joghurt-Getränk vielleicht Vorteile auf die Verdauung? Oft gibt es keine einzige Wahrheit und so gilt es, wie bei Fermenten auch, einfach ein gesundes Mittelmaß zu finden. Ich möchte mit meiner Analyse lediglich dazu aufrufen, Extreme zu hinterfragen und die Empfehlungen aus den analysierten Büchern nicht einfach blind zu übernehmen.

Fazit

Vielleicht bekommt so mancher nun einen anderen Blick auf Smoothies aus verschiedenen tierischen Zutaten, wie sie als „Traditionelle Ernährung nach Weston Price“ angepriesen werden. Wir alle wissen, dass nach Paracelsus „die Menge das Gift macht“ und es auch „zu viel des Guten“ geben kann. Wahllos die von Weston Price als nährstoffreich identifizierten Nahrungsmittel zu kombinieren, kann vielleicht nach hinten losgehen. Meine Hauptkritik liegt jedoch darin, eine solche Ernährung als Alltagsernährung zu empfehlen (statt als Kur), und sie entgegen der Tatsachen mit „Weston Price“ und „traditionell“ zu labeln.

Übrigens gibt es Erfahrungsberichte wie diesen, in denen Kinder trotz einer Ernährung nach Sally Follon oder Ramiel Nagel Kreidezähne oder Karies entwickelten. Vielleicht, weil Ernährung nicht alles ist und z.B. Bewegung und Sonne ebenso wichtig sind?

Ich habe nun ausführlich dargelegt, warum meiner Meinung nach die amerikanische Bewegung zu „Traditioneller Ernährung nach Weston Price“ aus historischer, agrargeographischer und gesundheitlicher Sicht kritisch zu sehen ist. Die im deutschsprachigen Raum beliebten Autoren Ramiel Nagel und Sally Fallon scheinen demnach eher neue Trend-Diäten entwickelt zu haben, an der sich weitere Low-Carb-Autoren und Blogger orientieren. Alle beziehen sie sich auf Weston Price und die von ihm untersuchten zahngesunden Urvölker. Ich möchte euch deshalb ermutigen, die verschiedenen Interpretationen zu Weston Price kritisch zu hinterfragen und das Werk am besten selbst im Original zu lesen.

In einem nächsten Beitrag erzähle ich euch von der traditionellen russischen/ukrainischen Ernährung, wie ich und meine Kollegin Julia Mailova sie aus unserer Kindheit kennen. Denn der Vergleich zu dieser war es, der mich von Anfang an misstrauisch gemacht hat gegenüber den beliebten Interpretationen von Weston Price. Tragt euch in den Newsletter rechts ein, um über das Erscheinen des nächsten Beitrags informiert zu werden!

Ich freue mich, in den Kommentaren eure Gedanken zu dieser Recherche zu lesen!

Quellen & weiterführende Literatur

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18 Kommentare

  1. Sehr sehr guter Kommentar!
    Wie lautet ihr Name?
    FG Andrea Chiappa, Dipl.oec.troph.
    http://www.chiappa-fasten.de

    1. Vielen Dank! Alles über mich steht hier: https://traditionelle-ernaehrung.de/ueber/

  2. says:

    Ein tollerArtikel. Unglaublich wieviel Mühe du dir immer mit der Recherche machst.
    Isolierte Völker in Südamerika ernähren sich nur bedingt gesünder, weil viele von ihnen Zuckerrohr kauen. Also Karies durch zu viel Zucker gibt es da genauso wie bei uns.
    Liebe Grüße 🌹

    1. Vielen Dank Sonja! Gut, dass du die Mühe dahinter erkennst 😉
      Das mit dem Zuckerrohr in Südamerika stimmt! Auch ist das Kauen von drogenartigen Pflanzen wie Coca-Blättern führt bei manchen isolierten Völkern dazu, dass sie ganz schlechte Zähne haben …

  3. Anne says:

    Endlich mal jemand, der das ganze kritisch betrachtet. Mich stört es seit geraumer Zeit sehr, dass viele Behauptungen, die Ramiel Nagel in seinem Buch schreibt, Weston Price zugeschrieben werden, obwohl der sich dazu entweder nie geäußert hat oder sogar gegenteiliges annahm. Ich fand das Original von Weston Price, als ich es vor 3 Jahren gelesen habe, wahnsinnig spannend. Danach erst habe ich das Buch von Nagel gelesen und mich doch gewundert wie weit weg es von Price ist. Und wie du schreibst, in einigen Online-Communitys ist es ein wenig wie die Bibel: „Aber bei Nagel steht ja dies und das … deswegen ist dies und das nicht Weston Price-konform.“ Anscheinend hat sich kaum jemand die Mühe gemacht mal ins Original zu schauen. Das finde ich immer problematisch, da dann Behauptungen durch Abschreiben zu wissenschaftlichen Ergebnissen werden.

    1. Hallo Anne, ich entschuldige die späte Antwort! Ich freue mich sehr, dass du es genauso siehst. Ich höre in meiner Instagram-Community auch immer öfter von Gesundheitsproblemen durch die Empfehlungen von Ramiel Nagel. Die Beliebtheit seines Buches und Gleichsetzung mit Weston Price schädigt wirklich den Ruf der Traditionellen Ernährung. Ich hoffe, mehr Menschen wenden sich letztendlich dem Original zu. Liebe Grüße!

  4. Scarlett says:

    Hallo, vielwn dank für diesen spannenden und informativen Artikel. Ich würde gerne zu zwei Punkten etwas ergänzen. Ich bevorzuge tatsächlich weißen Reis, statt Vollkorn da der Arsengehalt bei Vollkorn deutlich höher ist. Darum gibt es Reis aber auch nur selten.
    Die Schotten haben wohl tatsächlich eher einen fermentierten Haferbrei namens sowens gegessen. Dieser kann auch zu einer Art pudding/ Brot weiter verarbeitet werden.

    1. Hallo Scarlett, um deinen Kommentar zu beantworten, musste ich die Zeit finden, einiges zu recherchieren, deshalb hat es so lange gedauert 😉

      1) Zum Arsengehalt im Reis habe ich oben einen Link und an anderer Stelle eine Information zur Zubereitung ergänzt – schau mal hier: https://traditionelle-ernaehrung.de/traditionelle-ernaehrung-indien/#Ein_Fazit

      2) Folgendes steht auf der sehr gut recherhierten Webseite https://britishfoodhistory.com/2022/09/17/sowans-sowens/ zum fermentierten Haferbrei „Sowens“:
      „… fermented oat ‘milk’ or porridge called sowans … a foodstuff [ ] made just from the oat husks, known as sids in Scots … By making sowans, farmers were able to extract every scrap of carbohydrate from the sids that were left behind, after they had sold their crop. In Ireland, sowans was drunk or eaten in some parts of Ireland on St. Brigid’s Day in February. … Sowans was particularly associated with Christmas. … It says it was enjoyed all year round, but at Yuletide it was consumed only as a milky drink.“
      Dieser traditionelle schottische Haferbrei wurde also nicht auf Hafer, sondern aus den nicht-essbaren Hülsen, die vom Dreschen übrig blieben, hergestellt. Ein Arme-Leute-Essen also, um auch das allerletzte Krümelchen Mehl aus der Hülse zu extrahieren. Was wurde aber mit dem eigentlichen Mehl gemacht? Wurde es auch nur zu fermentierten Kuchen verbacken, oder wurden daraus auch unfermentierte „echte Breie“ gekocht? Diese Frage bleibt bis zu diesem Punkt der Recherche erstmal unbeantwortet. Zudem wird Sowen gar nicht immer zu einem Brei eingedickt, sondern oft auch einfach als „Milch“ getrunken – eine fermentierte Hafermilch! Damit erinnert es mich stark an den slavischen Kvas, das fermentierte Getränk aus Malz oder Brot. Sowohl die Hinweise auf die Feiertage, als auch die begrenzte Menge an Hülsen deutet darauf hin, dass die Schotten nicht allein von Sowens satt werden konnten. Ihr Grundnahrungsmittel war ein anderes, welches aus dem Hauptbestandteil des Getreides – dem Hafermehl zubereitet wurde.

      Diese erste Recherche hat somit meine oben im Artikel genannte Vermutung noch nicht widerlegt. Ich danke dir vielmals für die kritische Frage, denn nun habe ich auch einiges dazu gelernt. Gerne würde ich die traditionelle schottische Ernährung mal ausführlicher erforschen! Liebe Grüße

  5. Christina says:

    Wow, ein mega spannender und extrem gut recherchierter Artikel! Mein erstes Buch zu dem Thema war „Die neue tradionelle Ernährung“. Falls du das kennst – wie findest du es? Gerade lese ich das Original von Weston Price und kann es kaum aus den Händen legen.

    1. Hallo liebe Christina, entschuldige die späte Antwort – ich habe deine Kommentare übersehen. Am Buch „Die neue Traditionelle Ernährung“ habe ich ein kleines bisschen mitgewirkt und bin dort erwähnt. Es ist das erste deutschsprachige Buch zum Thema und ist hinsichtlich meiner Kritikpunkte auf jeden Fall den amerikanischen Autoren zu bevorzugen. Es ist besonders geeignet für Menschen, die zB nach langjähriger veganer Ernährung oder Diäten auf natürliche Weise ihren Körper stärken und Nährstoffmängel ausgleichen wollen. Mit Vorsicht zu genießen ist es für Menschen, die zu Übergewicht neigen. Darüber habe ich hier https://traditionelle-ernaehrung.de/zugenommen/ geschrieben. Das Original von Weston Price ist natürlich absolut empfehlenswert! Liebe Grüße

  6. Christina says:

    Wie nah kommt eigentlich die Gaps-Diät an die Traditionelle Ernährung ran? Angeblich soll das Programm die traditionelle Ernährung als Grundlage haben. Dort wird aber auch sehr histaminreich und zeitweise Low Carb gegessen.

    1. Die GAPS-Diät ist eine Diät zur Verbesserung bestimmter Krankheiten (Autismus, Epilepsie, ADHS etc.), sie verwendet Elemente traditioneller Ernährung wie Knochenbrühen oder Fermente. Sie ist auf Dauer sehr aufwendig und teuer. Die Traditionelle Ernährung hingegen ist keine Diät, sondern für dauerthafte Umsetzung und für generelles Wohlbefinden angedacht. Ich habe das GAPS-Buch gelesen und bin begeistert vom Ansatz. Allerdings hat es sehe ich es kritisch, dass die GAPS-Diät von manchen Personen auf Social Media als Allheilmittel für jegliche Darmprobleme gesehen wird. Ich bin der Meinung, dass sich Darmprobleme ohne GAPS-Krankheit auch gut mit der viel einfacher umzusetzenden Traditionellen Ernährung in den Griff bekommen lassen.

  7. Magdalena Hartmann says:

    Hallo!
    Wir ernähren uns seit einigen Jahren traditionell, so wie es gerade mit Ramiel Nagel und Sarah Schmid aufgekommen ist.
    Wir kamen immer wieder Gedanken des Zweifels. Dieser Überfluss, Butter im Überfluss, Sahne, Eier, Fleisch… Wer hat sich das wohl schon leisten können? Wie war das mit der Haltbarkeit und Verfügbarkeit? Insofern trifft dein Artikel bei mir auf einen Nerv und ich bin dir sehr dankbar für deine große Mühe und dafür, dass du deine Erkenntnisse mit uns teilst. ich werde mich jetzt wieder damit beschäftigen. Wenn das Essen, dass es bei uns mittags gibt, eher ein Festtagsessen ist, muss ich mich jetzt aber damit beschäftigen, wie Alltagsnahrung bei uns aussehen könnte. Man liest über Gerichte von überall auf der Welt, aber ich will es regional. Bin gespannt, was es dazu auf deiner Seite alles zu finden gibt. Auf Instagram habe ich mich auch schon von der inspirieren lassen, seither essen wie viel Buchweizen.
    In diesem Sinne, ganz herzlichen Dank an dich!

    1. Hallo liebe Magdalena, freut mich, dass dir mein Artikel weiterhelfen konnte! Ich wünsche viel Erfolg beim Finden eures Weges 🙂

  8. Lisa says:

    Endlich ein kompetenter Beitrag über das Buch von Sally Fallon Morell – ich studiere Ernährungswissenschaften und finde das Buch äußerst interessant, da es, selbst 1999 verfasst, noch immer sehr aktuell ist. Ich denke jedoch auch, dass man nach dem Lesen des Buches der Annahme sein könnte, nun gegen alle genannten Krankheiten gewappnet zu sein.

    Man darf dabei aber nicht vergessen, dass oft viele Faktoren zu einer Krankheit führen können und diese nicht ausschließlich mit der Nahrung zu verhindern sind. Außerdem sind Studien zum Ernährungsverhalten immer äußerst schwierig (daher oft auch Verwirrungen mit allen möglichen Empfehlungen) und oft nicht eindeutig zu bewerten.

    Wenn man aber jedoch sich überhaupt erst einmal damit beschäftigt und beginnt, sein Essen selbst zuzubereiten und schließlich hinterfragt, woher seine Lebensmittel überhaupt kommen, ist schon mal ein großer Schritt in die richtige Richtung getan.

    Danke für die tolle Analyse!

    1. Vielen Dank Lisa <3

  9. Vielen vielen Dank für den tollen super recherchierten Artikel. so viel geballtes Hintergrundwissen auf einem Fleck zu finden, ist selten. wo ist dein Buch? wie heißt es? 😉

    Ich habe in Indien als Ärztin auch traditionelle indische Medizin (Ayurveda, der TCM sehr ähnlich, da ebenso aus den vedischen Schriften stammend) gelernt . Ich finde es sehr spannend, dass die trad. Ernährung nach W. Price sehr viele Gemeinsamkeiten hat mit den Prinzipien des Ayurveda. Und es ist ähnlich mit dem Ayurveda: Was hier in Europa draus gemacht wird, da könnte ich mir nur die Haare raufen und die indischen Vaidyas (Ayurveda-Gelehrten) belächeln es milde.

    Einige Punkte aus dem Ayurveda:
    1. Hafer wird im Ayurveda nicht täglich empfohlen, sogar davon abgeraten. Je nach Gesundheitszustand ist es aber natürlich gesund.
    2. Getreide und auch Hülsenfrüchte sind verträglicher/besser verdaulich, wenn sie vor dem Kochen angeröstet werden.
    3. Die Kombination von bestimmten Lebensmitteln wird nicht empfohlen: Honig und Ghee/Butterschmalz, grünes Blattgemüse und Milch, Fisch und Milch, Fleisch und Milch, kalte Milch mit kaltem Getreide (Müsli!), Milch mit sauren Früchten wie Beeren, Apfel o.ä.
    4. Honig darf nicht erhitzt werden (deshalb sehe ich es als sehr kritisch damit zu backen).
    5. Kuhmilch wird eher für Menschen empfohlen die sehr dünn sind (mehr VAYU/LUFT/RAUM-ELEMENT) oder eine Aufbaukur machen müssen nach einer langen Krankheit. Bei kräftigeren und gemächlicheten Menschen (mehr KAPHA/ERDE/WASSER-ELEMENT) wird eher Ziegenmilch empfohlen (diese Tiere gelten als lebendiger, aktiver, schlanker und essen v.a. frische Triebe! im Gegensatz zu Kühen die selbst sehr kräftig sind und viel Ruhen und vom Boden grasen (ERD-ELEMENT). Hiermit ist aber auch immer nur die echte frische Rohmilch von der eigenen Hauskuh gemeint, die jede Familie hat.
    6. Weitere Nahrungsmittel sollten nicht täglich gegessen werden, da schwerer verdaulich und zu AMA (gift-ähnliche Su stanz durch nicht verdaute Nahrung): Schweinefleisch, Muscheln, andere Meerestiere, Joghurt!, Hafer
    7. Besonders gut bei Diabetes: Gerste!
    8. Rohkost nur in Maßen und am Besten nach einer warmen Mahlzeit.
    9. Beginn des Essens mit etwas Süßem (nicht raffinierter Zucker, sonders süßes Gemüse ist damit gemeint oder Gewürze mit süßer Qualität!) da dies das AGNI (Verdauungsfeuer) anregt. Am Ende einer Mahlzeit deshalb nichts Süßes mehr.
    10. Saisonal essen – bedeutet eigentlich: Wenn du regional ist, kannst du nur saisonal essen. Also z.B. Bananen im Winter, die kühlend und verschleimend wirken nicht ratsam. In Südindien wo sie wachsen ist das natürlich kein Problem, aber bei uns in Westeuropa eben schon!

    und was noch wichtig ist: Die traditionelle indische Küche ist NICHT mit der ayurvedischen Empfehlungen gleichzusetzen.
    Da wird viel frittiert und viel zu scharf gegessen und auch sehr süß teilweise, was zu einer hohen Rate zB an Speiseröhren- und Magenkrebs führt…

    Brühen wie Fleischbrühe und Knochenbrüchen werden auch eher als Kur zum Aufbau von Gewebe und Kraft verwendet. Man muss allerdings dazu sagen, dass das AGNI der Menschen in Südindien auch deutlich schwächer ist durch das Klima:
    Grundregel: Wenn es außen heiß ist, ist das Feuer innen kleiner. wenn es außen kalt ist, ist es innen größer! Deshalb können wir auch im Winter schwerer essen und es trotzdem leichter verdauen! Und deshalb sollten wir unsere Nahrung nicht an Völker, die in extrem eisigen Regionen leben, anpassen… (Lebertran…!?)

    Ich bin froh die (neue) traditionelle Ernährung gefunden zu haben während meiner Schwangerschaft und Stillzeit. ich merkte nach vielen Jahren Vegetarismus und Veganismus fehlte mir etwas und diese hat mir ermöglicht einen leckeren Einstieg in eine natürlicher Lebensweise zurück zu finden! Und ich passe alles für uns an meine ayurvedischen Kenntnisse an und teste Nahrungsmittel für mich kinesiologisch aus, bevor ich sie kaufe oder esse. Da flog der fermentiertes Lebertran interessanterweise hochkant raus! Jetzt habe ich durch deinen Artikel auch einen Hinweis, warum 🙏🏻🥰

    1. Hallo liebe Nina,
      ich freue mich sehr über dein Lob, vielen Dank! Noch gibt es kein Buch von mir, und das wird voraussichtlich auch noch länger dauern, bis ich eins veröffentlichen werde 😉 Sobald dies der Fall ist, teile ich es aber auf jeden Fall über meinen Newsletter mit!
      Oh, ich kann deinen Unmut über die Umsetzung von Ayurveda in Europa nachvollziehen! Sehr interessant deine Ayurveda-Punkte, sie waren mir schon zum großen Teil bekannt. Auch die Erfahrung damit, wie ungesund die moderne indische Küche ist, habe ich in Indien gemacht.
      Toll, wie du die Traditionelle Ernährung mit ayurvedischem Wissen kombinierst, das tue ich vor allem mit TCM.
      Liebe Grüße!

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