In diesem Beitrag verrate ich euch eines meiner größten Geheimnisse: eine Methode, mit der ich das Maximum an Nährstoffen aus Getreide heraushole. Vielen ist dafür das Ansetzen von Sauerteig bereits ein Begriff. Meine Methode, die „Kefir-Hefe“, ist jedoch viel einfacher und wohlschmeckender. Perfekt für Anfänger der Teigfermentation mit wilder Hefe! Einige von euch kennen das „Geheimnis“ bereits aus meiner Facebook-Gruppe und dem alten Blog, wo ich es vor einigen Jahren mal veröffentlicht hatte.
Kefir, ein Geschenk der Götter
Kefir wird traditionell mithilfe einer Kefirknolle hergestellt. Das ist eine Art Pilz, der wie körniger Frischkäse aussieht. Man gibt ihn in Milch und lässt diese 1-2 Tage stehen, bis daraus ein dickflüssiges, saures Getränk geworden ist – der Kefir. Mit einem Sieb seiht man die Knolle ab und setzt sie mit neuer Milch an. Dabei vermehrt sich die Knolle immer weiter, sodass ein Teil davon weiter verschenkt werden kann. Die Kefir-Knolle hilft super, Verpackungen zu sparen. Man braucht kein Joghurt, Buttermilch etc. mehr zu kaufen – sogar Frischkäse kann man damit machen!
Als Getränk ist Kefir durch seine probiotischen Bakterien sehr gesund, eine Wohltat für Darm und Verdauung! Übrigens weiß niemand, wie diese Knolle ursprünglich entstanden ist. Angeblich kommt sie aus dem Kaukasus von einem Volk mit besonderer Gesundheit und Langlebigkeit. Ich hatte meine Kefirknolle übrigens von der damals 100-jährigen Taufpatin meiner Oma – wenn das nicht mal etwas zu bedeuten hat!
Eine Kefir-Knolle kann man im Internet bestellen oder sich gegen Versand in Facebook-Gruppen und auf Kleinanzeigen zuschicken lassen. Damit lässt sich auch aus pasteurisierter Milch eine Art probiotische Dickmilch machen. Mit Rohmilch ist es etwas schwieriger, da die darin enthaltenen Bakterien mit denen der Kefirknolle konkurrieren. Entweder kocht man die Milch ab oder gibt der Knolle Zeit, sich an die Bakterien zu gewöhnen.
Getreide zu Teig verarbeiten
Getreide ist ein traditionsreiches Nahrungsmittel, welches seit Jahrtausenden den Speiseplan unserer Vorfahren bereichert. Es kann entweder sehr nährstoffreich, oder aber sogar schädlich sein. Verschiedene Wissenschaftler beobachteten im vergangenen Jahrhundert den Anstieg von Krankheiten durch die Industrialisierung und schoben dies unter anderem auf den Wechsel von Vollkornprodukten zu Weißmehl. Es gibt jedoch noch einen anderen Faktor, der sich durch die Industrialisierung verändert hat: die Zubereitung von Getreide.
Man unterscheidet generell zwischen zwei Arten von Teigen – gesäuerte und ungesäuerte. Ungesäuert sind alle Teige, die sofort verarbeitet werden – beispielsweise Mürbeteig für Plätzchen, Rührteig mit Backpulver oder Nudelteig. Gesäuert hingegen bedeutet, dass der Teig nach seiner Zubereitung erstmal eine Zeit lang steht, bevor er weiterverarbeitet wird. Dies ist bei Hefe- und Sauerteigen der Fall, aus denen beispielsweose Brote, Brötchen, Pizza, Hefezopf oder Plotz gebacken wird. Mit Hilfe von Bakterien wird der Teig dabei “vorverdaut” und nimmt in seinem Volumen zu – er geht also auf. Jede Art von Teig hat ihre Vorteile und eignet sich dementsprechend nicht für alle Gerichte gleichermaßen. In diesem Beitrag geht es jedoch nur um gesäuerte Teige und deren Vorteile.
Die Magie gesäuerter Teige
Gesäuerte Teige sind etwas aufwendiger zuzubereiten und eignen sich zur Herstellung von Broten und Kuchen. Zudem können die Nährstoffe aus dem Getreide durch das Säuern besser vom Körper aufgenommen werden. Während Kuchen aus ungesäuerten Teigen für einen guten Geschmack und Verdaulichkeit oft viel Fett zugesetzt werden muss, kommen gesäuerte Teigen mit deutlich weniger aus. Das liegt daran, dass die Bakterien in gesäuerten Teigen diese „vorverdauen“, sodass unser Darm anschließend die im Getreide enthaltenen Nährstoffe besser aufnehmen kann. Und unsere Geschmacksknospen verstehen das!
Auch das Backen mit gekaufter Hefe ist eine Art Fermentation – der Teig geht auf und bekommt Luftbläschen. Die Herstellung von konventioneller Hefe ist allerdings nicht besonders umweltfreundlich. Außerdem verleitet die triebstarke gekaufte Hefe dazu, den Teig vor dem Backen gar nicht oder nur kurz gehen zu lassen, wodurch die Verträglichkeit des Gebäcks abnimmt. Hefe, egal ob Bio oder konventionell, ist ein industrielles Lebensmittel mit schwer durchschaubarem Herstellungsprozess und passt nicht in mein Ernährungskonzept. Das Backen mit wilder Hefe hingegen ist so schlicht, ursprünglich und nachvollziehbar, dass ich es mir nicht mehr anders vorstellen kann!
Gerichte mit wilden Hefen weltweit
Mein Interesse an Traditioneller Ernährung startete vor vielen Jahren unter anderem mit einem Artikel darüber, dass in der altertümlichen Ernährung mithilfe von Fermentation Nährstoffgehalt und Verträglichkeit des Getreides erhöht wurde. Ich erinnerte mich an die südindischen Frühstücksgerichte, für die ein Teig aus Reis und Linsen fermentiert wird. Der Teig enthält eine spezielle Sorte Linsen sowie einige Bockshornklee-Samen. Beide Zutaten haben die Eigenschaft, wilde Hefen aus der Luft anzulocken. Dadurch geht der Teig nach einigen Stunden auf und das fertige Gericht wird ohne weitere Zusätze schön locker, wie ein Hefeteig. Gleichzeitig ist der Nährstoffgehalt höher, als wenn man einfach Reis mit Linsen ohne Fermentation essen würde.
Die Fermentation mit natürlichen Zutaten dauert je nach Außentemperatur in der Regel mindestens einen halben Tag, dazu kommt die Einweichzeit der Zutaten. In modernen indischen Kochbüchern sowie in Büchern über die indische Küche für Ausländer wird dieser Prozess oft vereinfacht, indem zum Auflockern des Reisteiges Hefe oder Backpulver genutzt wird. Aber… ohne Fleiß keinen Preis: ein solcher Teig hat natürlich nicht denselben Nährstoffgehalt wie der wild fermentierte! Wenn wir nun einmal weiterdenken … wird das Wissen über die wilden Hefen in Indien dank solch „innovativer Kochbücher“ in einigen Jahrzehnten womöglich aussterben, wie das in Europa bereits geschah?
Eine ähnliche Beobachtung machte ich mit indonesischem Tempeh, einem traditionellen Lebensmittel aus fermentierten Sojabohnen. Rezepte für Tempeh nutzen zum Anstoßen der Fermentation in der Regel Kulturen eines bestimmten Schimmelpilzes, die man kaufen kann. Ursprünglich nutzte man dafür jedoch Hibiskusblätter, an deren Unterseite von Natur aus dieser Pilz haftet und die Fermentation anstößt. Eine natürliche Zutat mit der Fähigkeit, wilde Hefen anzuziehen also – wie bei den indische Frühstücksgerichten die speziellen Linsen und der Bockshornklee. Und die dadurch, dass es dafür einen industriellen Ersatz gibt, inzwischen weitgehend vergessen ist.
Die Suche nach der europäischen wilden Hefe
In Europa sind wilde Hefen kaum noch im Alltag präsent, da die Industrialisierung hier schon viel länger ‘wütet’. Zumindest verstand ich nun, wie unser altes Ernährungswissen in Europa verloren gegangen war. Irgendwann im 19. Jahrhundert waren Hefe und Backpulver erfunden worden, die eine enorme Zeitersparnis und bessere Vorhersehbarkeit des Backergebnisses versprachen. “Innovative Kochbücher“ und Haushaltsschulen griffen diesen vermeintlichen Segen auf ohne sich darüber bewusst zu sein, welche Auswirkungen dies auf den Gesundheitswert des Gebäcks haben würde. Und so kommt es, dass die Kunst der wilden Hefen in Deutschland nicht mal mehr unseren Urgroßmüttern bekannt war!
Dieses Thema ließ mir keine Ruhe und ich versuchte jahrelang herauszufinden, mit welchen Zutaten man in Europa früher wilde Hefen aus der Luft anzog. Natürlich stieß ich recht schnell auf den Sauerteig. Für diesen mischt man Mehl mit Wasser, fügt täglich etwas der beiden Zutaten hinzu und hat letztendlich eine Masse voller wilder Hefen für fluffiges, nährstoffreiches Gebäck. Allerdings eignet sich Sauerteig eher für Vollkorn- bzw. Roggenbrot. Mit Sauerteig jedoch Weißbrot, Hefezopf oder gar Kuchen zu backen war für mich hinsichtlich Konsistenz und Geschmack nie zufriedenstellend. Ich forschte und experimentierte also weiter, vergiftete mich dabei einmal fast mit einem selbst gemachten Most und musste einiges an misslungenem Gebäcke essen oder entsorgen.
Wie ich auf die Kefir-Hefe stieß
In der russischen Küche, wie ich sie von meiner ukrainischen Oma kenne, ist es üblich, den Teig für bestimmte Gerichte mit Kefir zuzubereiten. Dafür nutzt man heutzutage meist fertig gekauften Kefir. Oft sind es Rezepte wie das für die Teigtaschen “Piroschki”, die man eigentlich aus einem Hefeteig macht. Durch die Gehzeit dauert die Zubereitung mit Hefe etwas länger, also nichts für Ungeduldige. Dagegen ist der Kefir-Teig die beliebte schnelle Variante, da er sofort verbacken werden kann. In den Kefir-Teig kommt zusätzlich noch Natron. Zusammen mit der Säure aus dem Kefir entsteht eine chemische Reaktion, die den Teig wie bei Backpulver fluffig werden lässt.
Eine solche „Abkürzung“ erinnert doch irgendwie an die modernen Rezepte des traditonellen südindischen Frühstücks … Und so fing ich an, mit Kefir und langer Teigruhe ohne Natron zu experimentieren. Ich war ganz aus dem Häuschen, als ich eines Morgens einen wunderbar fluffig aufgegangenen Teig vorfand. Ganz ohne Zugabe von Hefe, Sauerteig oder sonstigen Triebmitteln – nur Mehl und selbstgemachter Kefir!
Ich vermute, dass früher für die vielen russischen Kefir-Teig-Rezepte frischer Kefir ohne Natron genutzt und der Teig über Nacht ging. Erst später kam wohl wegen Industrialisierung und schnellerer Verarbeitung das Natron mit ins Spiel. Die Sowjetunion vereinheitlichte die vielen russischen und ukrainischen Volksrezepte, weshalb oft schwierig nachzuprüfen ist, wie es ursprünglich gemacht wurde.
Ein Teig mit Kefir-Hefe schmeckt so wunderbar mild, dass er sich perfekt für Hefekuchen und Weißbrote eignet! Durch die mehrstündige Gehzeit werden Antinährstoffe abgebaut und Nährstoffe gebildet. Der Geschmack übertrifft konventionelles Hefegebäck oder Sauerteig bei weitem und ich habe seit dieser Entdeckung weder Backpulver noch Hefe im Schrank. Auch mein Sauerteig ist leider mit der Zeit gestorben. Aus zeitlichen Gründen hatte ich aufgehört Brot zu backen, und durch die Konkurrenz der Kefir-Hefe kam der Sauerteig einfach nicht mehr zum Einsatz!
So geht Backen mit Kefir-Hefe
Ein positiver Nebeneffekt vom Backen mit Kefir ist die Verwertung von täglich anfallendem Kefir, wenn man mal keine Lust hat, ihn zu trinken! Beim Backen mit Kefir wird mindestens ein Viertel der angegebenen Flüssigkeit durch Kefir ersetzt. Der Kefiranteil ist abhängig von der Säure des Kefirs. Wenn er schon länger im Kühlschrank stand und recht sauer ist, wird mehr Wasser beigemischt. Wenn er jedoch sehr frisch und mild ist, dann kann die ganze Flüssigkeit durch Kefir ersetzt werden. Den Teig lässt man bedeckt mindestens über Nacht gehen, am besten an einem warmen Ort. Auch Zutaten wie Eier und Butter dürfen im Teig enthalten sein – die Gehzeit schadet ihnen nicht!
Bei allem was ich backe – ob Brot, Fladenbrot, Kuchen oder Hefegebäck – besteht die verwendete Flüssigkeit aus Kefir oder aus mit Kefir gemischtem Wasser. Den fertigen Teig (auch wenn Butter oder Eier dabei sind) lasse ich 10-24 Stunden auf der Küchentheke gehen, bevor ich ihn verbacke. Diesen Teig mache ich permanent und in unterschiedlichsten Variationen. Ich nutze ihn unter anderem für Pizza, Flammkuchen, Teigtaschen oder Kuchen. Es gibt Gerichte, die ich mal unfermentiert, mal mit Kefir-Hefe-Teig zubereite, z.B. Kaiserschmarrn, Spätzle oder Fladenbrot.
Feedback zur Kefir-Hefe
Ein Rezept für Holunderblüten-Kuchen, dessen „Geheimzutat“ die Kefir-Hefe ist, findet ihr hier. Ich persönlich nutze sehr wenig Zucker und hatte überlegt, ob ich im öffentlichen Rezept überhaupt eine Empfehlung für die Zuckermenge angebe. Den frisch gebackenen Kuchen servierte ich direkt einer Freundin. Ich stellte ihr Honig dazu mit dem Hinweis, dass der Kuchen nicht wirklich süß sei. Sie war jedoch so begeistert vom „einzigartigen, nahrhaften Geschmack“ des Kuchens, wie sie ihn noch nirgends erlebt habe, dass sie ihn nicht durch zusäzliche Süße trüben wollte. Das wundert mich nicht, denn wie bereits beschrieben ist ein solcher Kuchen „die nährstoffreichste Version“ die möglich ist.
Am nächsten Tag eine Sprachnachricht von ihr: „Ich kann nicht aufhören, an den Geschmack deines Kuchen zu denken. Ich muss unbedingt lernen, wie man solche Kuchen bäckt!“ Von einem zuckerverwöhnten Kollegen hingegen bekam ich folgendes Feedback: „Wenn man nicht erwartet, dass der Kuchen süß ist, dann schmeckt er sehr gut!“ Nun ja, ich habe den Begriff Kuchen gewählt, aber für manche fällt es vielleicht doch eher in die Kategorie Hefezopf!
Alternativen zur Kefir-Hefe
Auch Wasserkefir eignet sich zum Backen, allerdings ist er lange nicht so triebstark wie Milchkefir. Inzwischen nutze ich zudem vermehrt eine weitere Art wilder Hefe (ähnliche dem Hefewasser). Darüber werde ich euch aber ein anderes Mal berichten.
Für diejenigen, die aus unverständlichem Grund keine Lust auf wilde Hefen haben, gibt es einen Trick, wie man auch mit gekaufter Hefe das Maximum an Nährstoffen aus einem gewöhnlichen Hefeteig rausholen können: Nur einen Bruchteil der im Rezept angegebenen Menge Bio-Hefe nehmen und den Teig über Nacht gehen lassen.
Ansonsten ist die Kefir-Hefe für Anfänger der Teigfermentation die beste Wahl. Das Ergebnis schmeckt sehr mild – sogar besser als mit gekaufter Hefe – und eigentlich kann nichts schief gehen. Wer sein Mehl frisch mahlt – somit die wertvollen Schalen-Vitamine, Ballaststoffe und den Keimling erhält – und den Teig mit wilder Hefe für ca. 24h gehen lässt, hat meiner Meinung nach das Maximum an Antinährstoffen vernichtet und das Maximum an Nährstoffen erhalten! Ein solcher Teig soll sogar von Menschen mit Glutenunverträglichkeit vertragen werden – aber keine Garantie, ich bin kein Arzt und habe auch keine Erfahrung damit!
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Ich hoffe, die Schilderung meiner Erfahrungen, Gedankengänge und Misserfolge gibt euch ein Verständnis dafür, warum die Kefirhefe für mich so heilig ist. Mein „langersehntes Baby“, welches ich nicht vorschnell der Öffentlichkeit und deren Gefahren in Form von Kritik und Kopierern aussetzen konnte.
Ich freue mich, wenn meine Leser die kostenlose Veröffentlichung dieser Informationen würdigen und mich dadurch motivieren, weiterhin die Ergebnisse meiner Forschungen zu teilen! 🙂
Bildquelle: Pixabay
Wow, das waren super nützliche Informationen. Wo kann man denn den Milch-Kefir beziehen?
Freut mich, dass dir die Informationen nützen 🙂 Kefir bekommt man in verschiedenen Online-Shops, auf Kleinanzeigen oder in Facebook-Gruppen zum Thema Kefir.
Hallo,
sehr interessante Information, die ich gerne ausprobieren werde, da ich Kefir selber mache und das mit dem Backen spannend finde . Habe ich es richtig verstanden, dass dann die Hefe in den Rezepten wegfällt?
Ja genau, mit Kefir wird keine Hefe benötigt. Bei frischem, nicht so triebstarkem Kefir sollte die gesamte Flüssigkeit durch Kefir ersetzt werden. Viel Erfolg!
Halli hallo,
wie heißt denn Deine FB-Gruppe?
Liebe Grüße,
Stini
Hallo Stini, die Facebook-Gruppe ist inzwischen inaktiv, es läuft alles über die Homepage und Instagram. Hier dennoch der Link, falls dich die alten Beiträge darin interessieren: https://www.facebook.com/groups/171701167481068
Liebe Grüße 🙂