Neu auf die Traditionelle Ernährung gestoßen oder erst kürzlich beschlossen, mal einen Versuch zu wagen? Dann finden sich auf dieser Seite kleine Maßnahmen, auf die es sich künftig zu achten lohnt. Nachdem es auf dieser Webseite nun viel Theoretisches gab, habe ich mir diesmal etwas praktischeres überlegt: Die wichtigsten Grundlagen dieses Konzepts gesunder Ernährung zusammenfasst sowie Infografiken dazu.
Balkongarten anlegen
Viele von uns haben keinen eigenen Garten. Doch auch auf einem Balkon lassen sich frische Kräuter, unbegrenzt nachwachsende Salate, Tomaten und vieles mehr ernten. Mein Geheimtipp für schnellen Erfolg: Mizuna-Salat aussähen. Ich kann davon ununterbrochen ernten, er wächst immer wieder nach. Irgendwann treibt er aus und bildet Kapseln mit neuen Samen, die man im nächsten Jahr wieder aussähen kann!
Getreide richtig nutzen
Getreide kann ein Fluch für die Gesundheit oder aber ein regionles Supefood sein. Wie zahlreiche Experimente gezeigt haben, ist Getreide nur dann ein gesundes Lebensmittel, wenn es mit Schale und Keimling vermahlen wird. Bei gekauften Mehlen ist das nicht der Fall. Wichtig sind also vor allem die Frische und die Vollwertigkeit (also Vollkorn) – mehr dazu in meinem ausführlichen Artikel über Mehl und Getreide. Beides erreicht man, indem man in eine eigene Getreidemühle investiert. Eine Investition für Gesundheit, Umwelt und Unabhängigkeit, denn das Getreide kann dann in Säcken vom regionalen Bio-Bauern bezogen werden. Zusätzlich lässt sich Getreide durch Fermentation aufwerten, zum Beispiel mit der Kefir-Hefe. Wer einen Bio-Bäcker vor Ort hat, findet auch dort Brot und Teilchen aus frisch gemahlenem, vollwertigen Getreide mit langer Teigruhe!
Traditionelle Methoden erlernen
Die Traditionelle Ernährung erfordert neue Fähigkeiten und Zubereitungsmethoden. Zum Beispiel das Fermentieren und Trocknen von Gemüse, Backen mit Sauerteig und wilder Hefe, das Kochen mit Innereien und Knochen, oder das Ziehen von Sprossen.
Knochenbrühen und Innereien: Aus Respekt zu Tier und Umwelt sollten nicht nur Muskelfleisch oder Fischfilet verwendet werden. Tatsächlich sind Innereien sogar um einiges nährstoffreicher. Aus Knochen und Gräten lassen sich zudem kräftigende Brühen herstellen. Lernen wir aus der Vergangenheit und anderen Ländern, wie sich diese aus heutiger Sicht „Abfallprodukte“ lecker zubereiten lassen!
Rohkost: Dass Salate und Gemüse-Sticks gesund sind, hat sich bereits rumgesprochen. Doch dass auch Eier und Fleisch roh gegessen viele gesundheitliche Vorteile hat, können sich die meisten inzwischen kaum noch vorstellen. Natürlich gilt dies nur für frische Produkte aus biologischer Haltung.
Fermentieren: Durch verschiedene Bakterien wird aus Getreide ein Sauerteig oder aus Weißkohl ein Sauerkraut. Diesen Vorgang bezeichnet man als Fermentation und er sorgt dafür, dass die Nährstoffe besser vom Darm aufgenommen werden können. Mehr dazu hier.
Speisekammer ausmisten
Verarbeitete Produkten sind fast immer Aromen und andere Zusatzstoffe zugefügt, die inzwischen mit verschiedenen Krankheiten in Verbindung gebracht werden. Wer diese länger meidet, wird sie bald heraus schmecken und als störend empfinden. Die schädliche Wirkung von Industriezucker ist längst vielfach wissenschaftlich bewiesen, und doch lauert er in fast allen verarbeiteten Produkten (mehr dazu hier). Homogenisierte Milch, ein wichtiger Bestandteil deutscher Speisekammern, wird inzwischen zunehmend mit Allergien und Darmprobemen in Verbindung gebracht. Hier ist rohe oder pasteurisierte Milch die bessere Wahl (mehr zum Thema Milch hier).
Dabei gibt es so viele naturbelassene Sachen, die nur durch den Entzug von Feuchtigkeit genausolange haltbar sind. Nüsse, Trockenfrüchte und -gemüse, Kräuter, Räucherwaren und natürlich Musmehl. Auch damit lassen sich schnelle Gerichte zaubern oder Heißhunger befriedigen. Im Bioladen findet man eine große Auswahl solcher Zutaten – auch Süßigkeiten die nur mit Fruchtsüße wie Datteln gesüßt sind. Fortgeschrittene können mithilfe eines Dörrautomaten oder im Ofen selbst haltbare Lebensmittel herstellen. Ansonsten ist es unvermeidbar, bei verarbeiteten Produkten die Zutatenliste zu lesen. Sind da zu viele unverständliche Begriffe, Zucker oder Süßstoffe enthalten, lieber die Finger davon lassen! Das ist aufschlussreicher, als sich von Aufschriften wie „viel Protein“ täuschen zu lassen. Aufgabe: Zutatenlisten lesen, Industrieprodukte ausmisten und durch naturbelassene Zutaten ersetzen!
Fett macht dick – das trifft nur auf industriell verarbeitete, raffinierte Öle zu (die in der Plastikflasche). Nicht aber für naturbelassene Fette. Kaltgepresstes Lein- oder Hanföl bereichert Salate, während Butter, Schmalz oder Talg sich gut zum Braten eignen. Dabei muss nicht gespart werden, denn viele Nährstoffe können nur in Kombination mit Fett aufgenommen werden! Mehr dazu hier.
Regional bio einkaufen
Die Qualität der Lebensmittel ist ein wichtiger Pfeiler der Traditionellen Ernährung. Früher aß man als Selbstversorger nur das, was im eigenen Garten wuchs, und davon alles zu seiner Zeit. Es gab keine von weit her importierten Bananen und Avocados. Oder frische Tomaten und Paprikas im Winter. Während die Traditionelle Chinesische Medizin bereits seit mehreren Jahrtausenden einen Zusammenhang zwischen Klima, Lebensmittel und Gesundheit sieht, hat inzwischen auch die Wissenschaft bewiesen, dass regionale Ernährung verträglicher ist! Während meiner Tätigkeit im Gartenbau-Institut erzählte ein Kollege, dass seine Gänse nur den Bio-Salat essen und den konventionellen Salat nicht anrührten – obwohl dieser tatsächlich auch ohne Pestizide war. Das sollte uns zu denken geben!
Regionale, saisonale Produkte aus ökologischem Anbau finden sich immer mehr auch in gewöhnlichen Supermärkten. Noch besser ist es jedoch, regionale Bauern zu unterstützen. Es gibt tolle Möglichkeiten, auf diese Weise nicht-industriell und marktunabhängig zu konsumieren. Dabei geht das Geld direkt vom Kunden zum Bauernhof, ohne in Transport- und Handelsketten „verloren“ zu gehen. Eine Möglichkeit sind Bauernmärkte oder Hofläden, wo es eine große regionale Auswahl an Gemüse, Fleisch, Käse, Nudeln und vielem mehr gibt. Gemüsekisten kann man als Abos online bestellen und sich aus der Region liefern lassen. Als Mitglied einer SoLaWi (Solidarische Landwirtschaft) hilft man durch einen monatlichen Beitrag, die Kosten eines landwirtschaftlichen Betriebs zu tragen und erhält im Gegenzug dessen Ernte. Dabei gibt es verschiedene Modelle, wodurch auch Studenten sich sowas leisten können. Die Ernte wird meist an bestimmten Sammelstellen verteilt. Was es in der eigenen Region oder Stadt so an Möglichkeiten gibt, kann man super im Internet recherchieren.
Bewusster mit „Kolonialwaren“ umgehen
Kaffee, Bananen, Kakao und Schokolade müssen in Deutschland keine Alltagsprodukte sein. Dass sie es sind, zeigt unsere Entfremdung von der Herkunft unseres Essens. Ich finde es besonders erstaunlich, dass Kaffee hier in Europa ein Grundnahrungsmittel wie Salz oder Mehl ist. In Besprechungen trinken alle Kaffee und ich sitze meist mit einem Wasser da, weil es nicht mal Tee gibt. Die Leute im Anbaugebiet hingegen können es sich oft nicht leisten.
Kaffee kann man beispielsweise durch Malzkaffee zu ersetzen – ein traditionelles Getränk aus regionalem Getreide, von Natur aus ohne Koffein. Anders als die meisten Tees hat er gemäß der chinesischen Medizin dieselbe wärmende Wirkung auf den Köper wie Bohnenkaffee. Viele Tees wirken trotz ihrer Hitze kühlend, weshalb sie gerne von Wüstenvölkern getrunken werden. Wer unbewusst aus diesem Grund nicht vom Kaffee loskommt, dem wird es mit dem Ersetzen durch Malzkaffee statt Tee vielleicht leichter gelingen.
Vielleicht könnte Kaffee irgendwann mal wieder das Besondere für den Sonntag werden, statt eine Alltagsdroge. Finden wir lieber öfter mal regionale Alternativen, deren Produktionsbedingungen wir kennen – auch zu Bananen und Kakao. Tragen wir nicht weiter zu hohen Transportemissionen und ungleichen Handelsbeziehungen bei! Zudem sieht die Traditionelle Chinesische Medizin bereits seit mehreren Jahrtausenden einen Zusammenhang zwischen Klima, Lebensmittel und Gesundheit. Inzwischen hat auch die Wissenschaft bewiesen, dass regionale Ernährung verträglicher ist!
Wildpflanzen kennenlernen
In der Traditionellen Ernährung sind Wildkräuter eine tolle Ergänzung zu konventionellen Gemüsesorten. Sie wachsen ohne künstliche Eingriffe, sind äußerst nährstoffreich und tragen dazu bei, die Biodiversität zu erhalten. Wildkräuter enthalten eine Vielzahl von Vitaminen, Mineralstoffen und sekundären Pflanzenstoffen, die in Kulturpflanzen oft nur noch in geringen Mengen vorkommen. Viele Wildkräuter sind reich an Vitamin C, Eisen, Magnesium und Antioxidantien, die das Immunsystem stärken. Bitterstoffe in Wildkräutern wie Löwenzahn und Schafgarbe fördern die Magen-Darm-Tätigkeit und können Blähungen oder Verdauungsbeschwerden lindern. Kräuter wie Giersch und Brennnessel wirken antibakteriell und entzündungshemmend, helfen bei Gelenkbeschwerden und unterstützen die Entgiftung des Körpers. Zu den beliebtesten Wildkräutern gehören Brennnessel (März–Oktober für Suppen, Gemüse und Tee), Löwenzahn (März–Juni für Salate) Bärlauch (März bis Mai für Pesto und Gemüse) und Giersch (April–September für Gemüse und Salate). Das Sammeln der Kräuter erdet und verbindet mit der Natur, was in Kombination mit der Bewegung an der frischen LuftStress abbaut und die Zufriedenheit erhöht.
Das Übliche
Gesunde Ernährung wirkt nur bei demjenigen, der auch in anderen Aspekten einen gesunden Lebensstil führt. Ausreichend Wasser trinken hilft dem Körper, Stoffwechselprozesse aufrechtzuerhalten und die Konzentration zu verbessern. Regelmäßige Bewegung stärkt das Herz-Kreislauf-System und hält die Muskulatur aktiv. Frische Luft und Sonnenlicht fördern die Vitamin-D-Produktion, stärken die Abwehrkräfte und heben die Stimmung. All diese Gewohnheiten tragen dazu bei, das allgemeine Wohlbefinden zu steigern, das Immunsystem zu unterstützen und langfristig gesund zu bleiben. Nach dem Vorbild traditionell-gesunder Urvölker dürfen auch von Fans der Traditionellen Ernährung solche allgemeinen Empfehlungen nicht vernachlässigen!


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Was wünscht ihr euch als nächstes auf www.traditionelle-ernaehrung.de?
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Quellen:
- https://www.solidarische-landwirtschaft.org (Stand 02.05.2025)
- Graphiken: canva.com
Hallo. Ich war ja immer der Ansicht, dass industrielle Herstellung wegen der Menge an Menschen, die ernährt werden wollen, notwendig ist. Aber andererseits wird vielleicht tatsächlich mehr an Essbarem verbraucht, weil Industrieprodukte nie so richtig satt machen. Vollgestopft und verstopft zu sein ist ja nicht dasselbe wie satt sein und keinen Hunger mehr haben. Mit anderen Worten, vielleicht ist es eben doch nicht notwendig, dass Essbares in der Menge produziert wird, und vielleicht würde dies auch die Arbeit in den Fabriken erleichtern. Oder man stellt gleich wieder ganz um auf ältere, traditionellere Anbau- und Produktionsmethoden. Aquaponik scheint solch eine Methode zu sein.
Ich persönlich würde gerne mehr über das traditionelle Leben in einem russischen Dorf lesen.
Hallo Marvin, dane für deine Rückmeldung! Teil 2 des Lebens im russischen Dorf ist als nächstes geplant 🙂 Zu Aquaponik kommt auch zu gegebener Zeit mehr auf dieser Webseite! Viele Grüße
Mich würden konkrete traditionelle Rezepte interessieren und Quellen, vor allem Bücher dazu. Instagram und andere soziale Medien habe ich nicht.
Auch Konkretes über die vorindustrielle Lebensweise. Neben der Ernährung auch die Stoffherstellung, Tierhaltung hattest du ja schon einmal in dem Artikel über das russische Dorf angesprochen, generelle Lebensführung (Licht, Schlafen, Waschen, Putzen, Gewohnheiten, der Umgang mit den klimatischen Gegebenheiten, Gartenbearbeitung, Werkzeuge, ganz wichtig: Wasser – wie ging man damit um und wie wurde es trinkbar gemacht).
ZB habe ich persönlich vor ein paar Monaten meine weiche Matratze entsorgt und liege jetzt auf einer Wollmatte auf einem Holzbrett. Mein Rücken ist begeistert (nach einer Übergangszeit), nur wäre ich auf den Gedanken im Leben nicht gekommen, wenn ich nicht zufällig bei der Recherche für eine neue Matratze auf einen kurzen Erfahrungsbericht gestoßen wäre und die Verknüpfung zu Lehmbänken mit Fellen in historischen Nachbauten von Häusern aus der Steinzeit (?) in Warder gezogen hätte.
Ich möchte gern diese „Selbstverständlichkeiten“ unseres Lebens aufdecken und begreifen, was bekömmlicher und ressourcenschonender ist. Ich wünsche mir Informationen, die dazu beitragen – sozusagen artgerechte Menschenhaltung zu reetablieren. 😉
Von daher liebe ich deine Berichte. Die sind so wertvoll! Ich suche solche Informationen schon ewig und kann mir ziemlich genau vorstellen, was da für eine Recherchearbeit drinsteckt. Danke.
Hallo Michi, die Themen die du nennst sind alle relevant und interessant – ich schreibe es mir mal auf meine to-do-Liste 😉 Vielen Dank für das Lob, immer gerne!